Arbeit mit Bibelclouds im Unterricht
Wordclouds eignen sich perfekt, um eine Übersicht über größere Textmengen zu bekommen. Mit Hilfe eines Computer-Algorithmus werden die häufigsten bedeutungstragenden Wörter eines Textes herausgefiltert und proportional zur Häufigkeit unterschiedlich groß in grafisch ansprechender Form dargestellt. Die sog. Bibelclouds, die es für jedes Buch der Bibel gibt, bieten zahlreiche religionspädagogische Einsatzmöglichkeiten.
Texte und Geschichten aus der Bibel sind zentral für den Religionsunterricht, egal ob in der Schule oder in der Gemeinde. Dabei gibt es irgendwann einen wichtigen Paradigmenwechsel, der mit dem Alter zusammenhängt. Während Kindern immer eine Auswahl für sie passender Texte und Geschichten präsentiert wird, kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem die Bibel eigenständig erschlossen werden kann. Üblicherweise ist dieser Zeitpunkt um das Konfirmationsalter herum, in dem man oft auch die erste eigene vollständige Bibel bekommt.
Spätestens dann wendet sich der Blick auch auf das Ganze der Bibel, ihre Entstehungsgeschichte über viele Jahrhunderte, die Vielzahl der Autor*innen, die Unterschiedlichkeit der Textgattungen, die unterschiedliche Wichtigkeit von Teilen dieser Bibel für zwei Weltreligionen und verschiedene christliche Konfessionen. Spätestens dann braucht man aber auch eine Ahnung, wo es sich lohnen könnte, mit der Lektüre zu beginnen. Zahlreiche Bibellesepläne machen hier Vorschläge. Die Bibelclouds sind eine gute Möglichkeit, sich selbstbestimmter und nach eigenen Interessen bestimmten Themen oder Personen in der Bibel zu widmen.
Wie kommen die Bibelclouds zustande?
Alles begann mit Tag Clouds, Schlagwortwolken, wie sie oft in Blogs verwendet werden. Das gleiche Prinzip nutzte der immer noch existierende, aber inzwischen etwas in die Jahre gekommenen Online-Dienst “wordle“. Aus beliebigen Texten kann man dort schöne Wortwolken gestalten. Dabei werden bestimmte Wörter wie Artikel oder Satzverbindungen (und, oder, der, die, das) ausgefiltert. Die ersten Bibelclouds entstanden im englischen Sprachraum. Martin Wolters, ein programmiererfahrener Ingenieur aus Nürnberg, hatte die Idee, solche Bibelclouds auch in deutscher Sprache zu produzieren.
Was eigentlich einfach klingt, hat doch ein paar Herausforderungen. Denn bestimmte, aus mehreren Wörtern zusammengesetzte Formulierungen sind so markant für die Texte der Bibel, dass man sie im Vorfeld herausfinden muss, z. B. die Botenformel der Propheten: „So spricht Gott, der Herr“. Bei den Evangelien ergibt sich das Problem, dass die automatisch generierten Bibelclouds für die Synoptiker praktisch identisch sind. Hier musste das Sondergut anders gewichtet und mit einer anderen Schriftart dargestellt werden.
Auch in die Gestaltung der Bibelclouds hat er viel Hirnschmalz investiert. So bekommen größere Bücher der Bibel auch mehr Wörter für die Darstellung. Eine Hintergrundfarbe deutet an, zu welchem Teil der Bibel ein Buch gehört. Und schließlich sollte die Darstellung auch ästhetisch ansprechend sein, wofür oft viele Durchläufe des Algorithmus notwendig waren.
Die Bibel aus der Vogelperspektive
Mit Hilfe der Bibelclouds kann man leicht die thematischen Schwerpunkte der Bibel erarbeiten. Dafür werden alle 66 bzw. mit Apokryphen 73 Bibelclouds ausgelegt. Die Jugendlichen tragen Beobachtungen zusammen, kennen manche Geschichte, die mit Personen auf den Karten verbunden ist, und entscheiden sich schließlich für ein Buch der Bibel, mit dem sie sich näher befassen wollen. Dieses Buch wird dann den anderen vorgestellt, indem z. B. ein Plakat gestaltet wird, eine Geschichte als Theaterstück vorgespielt wird, eine Zusammenfassung des Buchs geschrieben wird oder einige der wichtigsten Wörter erläutert werden. (Siehe die Downloadbeispiele weiter unten)
Ebenso kann man die Bibelclouds auch sortieren, je nach Kenntnisstand der Gruppe nach Altem (erstem) bzw. Neuem (zweitem) Testament oder sogar nach der Reihenfolge in der Bibel. Gut eignen sich die Grafiken auch als Einstieg in ein Thema oder zur Wiederholung vor einem Test.
Übersetzungsvergleich
Bibel ist nicht gleich Bibel, das merken Jugendliche schnell. Um den Schwerpunkten einzelner Übersetzungen auf die Spur zu kommen, kann ein Vergleich der entsprechenden Bibelclouds spannend sein, die inzwischen für die Einheitsübersetzung, die Lutherbibel und die Bibel in gerechter Sprache vollständig vorliegen. Fehlende Übersetzungen kann man leicht selbst erstellen, indem man die digitalen Texte (die wichtigsten deutschen Übersetzungen findet man hieroder hier) kapitelweise zusammenkopiert und dann in einen Wortwolken-Generator einspeist.
Leicht lassen sich etwa Unterschiede bei der Häufigkeit der Gottesnamen feststellen. Aber auch Begriffe wie Gnade, Sünder, Schuld, Vergebung, Liebe oder Barmherzigkeit können verfolgt werden.
Selbst Bibelclouds erstellen
Aus medienpädagogischer Sicht ist es immer besser, selbst aktiv zu werden. Mit Hilfe eines Onlinedienstes wie wortwolken.com kann man leicht kürzere und längere Bibeltexte zu ansehnlichen Kunstwerken werden lassen. Besonders reizvoll ist es dabei, Umrisse zu verwenden. Aus diesen Kunstwerken kann eine Galerie erstellt werden. Oder man gestaltet den Konfirmationsspruch für die Einladungs- oder Dankeskarte zur Konfirmation in einer schönen Form. Eine Schriftlesung im Gottesdienst kann durch eine projizierte Wortwolke zum Hingucker gemacht werden.
Was mir an der Methode besonders gefällt: Man weicht bei der Arbeit an Texten nicht auf anschaulichere Bilder aus, wie es gern in der Religionspädagogik gemacht wird. Stattdessen konzentriert man sich auf einzelne Wörter und versucht, deren Häufigkeit und Gewicht auf die Spur zu kommen. Das erlaubt manchmal durchaus interessante Einsichten. So fällt ziemlich schnell auf, wie wichtig im Alten Testament der König ist. Dieser Begriff fehlt dafür im Neuen Testament ganz. Wenn man sich aber klar macht, dass Christus nichts anderes bedeutet als der gesalbte König, wird deutlich, dass die Wichtigkeit des Königs im Bekenntnis zu Jesus als dem Messias-König ihre Fortsetzung findet.
Wie jede Methode sollte man auch diese nicht überstrapazieren. Der Sinn eines Textes ergibt sich aus seinem Kontext. Gerade aus diesem werden die einzelnen Wörter aber herausgerissen. Deshalb muss man immer wieder mit Hilfe einer Konkordanz oder der Suchfunktion in digitalen Bibeln nachschauen, was genau sich hinter bestimmten Wörtern verbirgt.