Erwachsenenbildung – Erfahrungslernen mit System
Marie-Theres Beeler berichtet über die Möglichkeiten und Herausforderungen der modernen Erwachsenenbildung. Die je verschiedenen Erfahrungswirklichkeiten der Kursteilnehmer sind eine Besonderheit, welche eine interessante Entwicklung innerhalb der Lernpsychologie abzeichnen lassen, die es für eine gewinnbringende Weiterbildung zu berücksichtigen gilt.
Aus Erfahrungen lernen…
Wird man aus Erfahrung klug? Die Antwort lautet Jein. Es gibt Menschen, die immer wieder die gleichen Fehler machen und andere, die eben aufgrund von Erfahrungen gescheiter werden. Gerade Enttäuschungen und Misserfolge können uns lernen lassen. Aber nur dann, wenn wir auch dazu bereit sind, das nächste Mal eine Sache anders anzupacken. Wir lernen dazu, wenn wir darüber nachdenken, was wir bisher noch nicht erkannt haben oder welche Rahmenbedingungen helfen könnten, etwas zu verändern.
Was Menschen in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung am meisten weiterbringt, sind nicht Erlebnisse, sondern reflektierte Erfahrungen. Je älter Menschen werden und je mehr Lebenserfahrung sie als Reservoir für ihre eigene Entwicklung mitbringen, umso mehr sind sie darauf angewiesen, in einer Weise zu lernen, die systematisch an ihrer Erfahrung anknüpft.
„Es hat lange gedauert, bis mir endlich klar wurde und bis ich verstanden hatte, dass das, was uns bei all unseren Entscheidungen leitet, nicht unser Geist oder unser Bewusstsein ist, auch nicht all unser auswendig gelerntes oder von fragwürdigen Quellen übernommenes Wissen, sondern unsere Erfahrung, die wir während unserer bisherigen Entwicklung gesammelt haben. Erfahrungen, die ein Mensch im Lauf seiner Lebens gemacht hat, sind fest in seinem Gehirn verankert, sie bestimmen seine Erwartungen, sie lenken seine Aufmerksamkeit in eine ganz bestimmte Richtung, sie legen fest, wie er das, was er erlebt, bewertet und wie er auf das reagiert, was ihn umgibt und auf ich einstürmt. In gewisser Weise sind diese individuell gemachten Erfahrungen also der wichtigste und wertvollste Schatz, den ein Mensch besitzt.“
Gerald Hüther, Neurobiologe
… und dies lebenslang
Erwachsene lernen anders als Kinder, weil sie über einen reichen Wissens- und Erfahrungsschatz verfügen, an dem angeknüpft werden muss. Die Lernpsychologie legt einige interessante Tatsachen dazu dar:
- Mit zunehmendem Alter lernt man nicht weniger, sondern anders. Soziokulturelle und lebensgeschichtliche Faktoren unterstützen dabei, neue Erfahrungen in den eigenen Kompetenzschatz einzubauen.
- Eine abnehmende Gedächtniskapazität kann durch andere Leistungen ausgeglichen werden. Lernsorgfalt, Interesse und der in Aussicht stehende persönliche Gewinn sind von grosser Bedeutung. Die Motivation beeinflusst darum im Erwachsenenalter massgeblich die Lernleistung. Interesse und Offenheit sind für das Lernen bedeutsamer als intellektuelle Kapazität.
- Erwachsene brauchen Lerntechniken, die Lerninhalte mit ihren bisherigen Erfahrungen und Kompetenzen zu verbinden helfen. „Lernen können“ ist darum eine Schlüsselqualifikation.
- Individuelle Unterschiede werden mit zunehmendem Alter immer grösser, auch innerhalb derselben Bildungsschicht. Lernhindernisse sind weit weniger abnehmende Gedächtnisleistung als einschränkende subjektive Haltung gegenüber Neuem.
Erwachsenenbildung muss diese Lernbedingungen besonders ernst nehmen. Bei dem anknüpfen, was schon bekannt ist und gekonnt wird, ist wesentlich, um motivierende Lernprozesse zu ermöglichen.
SVEB – Ausbildung am TBI
Der Schweizerische Verband für Erwachsenenbildung (SVEB) hat ein modulares Weiterbildungssystem geschaffen, das von den unterschiedlichsten Institutionen angeboten werden kann. Wer bei einem Sportverband eine SVEB-Ausbildung absolviert, wird mit anderen Inhalten die gleiche Kompetenz erwerben als Menschen, die bei einer Institution den Kurs besuchen, die vor allem theologische oder spirituelle Lernprozesse als Bildungsziele im Blick hat. Gemeinsam ist den unterschiedlichen Angeboten, dass die SVEB-Ausbildung dazu befähigt, erwachsenengerechte Lernprozesse zu initiieren.
Die SVEB- Ausbildung des IFOK am TBI richtet sich in erster Linie an zwei Personengruppen:
- SeelsorgerInnen und ReligionspädagogInnen, die in der kirchlichen Erwachsenen- oder Elternbildung an der Basis tätig sind.
- Leitende von Fachstellen, die in der Ausbildung von KatechetInnen oder Jugendarbeitenden tätig sind und die Teilnehmenden ihrer Kurse auch zu qualifizieren haben.
Ein nächster Weiterbildungskurs, der zur SVEB-Anerkennung führt, beginnt Anfang September 2016 und dauert ein Jahr. An 15 Kurstagen sowie in Treffen von Lerngruppen wird die Kompetenz erworben, erwachsenengerechtes Lernen zu unterstützen und Bildungsangebote zu gestalten.
Aktuelle Kursdaten zum Erwerb des SVEB-Zertifikats am IFOK / TBI:
(Telefonische Auskünfte erhalten Sie von Kursleiterin Marie-Theres Beeler unter 061 921 52 27)