Wir befinden uns im grossen Saal des Kirchgemeindehauses von Oberdorf. Es ist 17.05 Uhr und recht kühl – es wird Energie gespart und der Sigrist dreht die Heizung nur bei einem angekündigten Anlass auf. So findet das jährliche MAG von Kirchgemeinderat Brenzikofer und Katechetin Sommermatter sozusagen unter frostigen Bedingungen statt.

Brenzikofer tritt ein, er will den Mantel ausziehen, haucht in die Luft und behält ihn dann doch an. Er schiebt zwei Stühle an den nächstbesten Tisch, setzt sich hin und kramt in seiner Mappe…..


Jetzt folgt Sommermatter, schaut sich suchend um und geht dann auf Brenzikofer zu.

 

S:                    Salü Jean-Claude, also hier bist du, habe dich überall gesucht…..

B:                    Ja, hoi Birgitta, sorry, es war kein anderer Raum mehr frei, ist ein bisschen kalt, aber wir haben ja nicht allzu lange, oder?

S.:                   Nein – es ist ja nicht das erste Mal, wir wissen ja schon wies geht (lacht). Soll ich eine Kerze anzünden, das gibt ein bisschen einen feierlichen Rahmen und warm gibt sie noch dazu (behält Mantel auch an).

B:                    Übrigens lasse ich mein Handy eingeschaltet, ein wichtiger Kunde versucht mich schon den ganzen Tag zu erreichen, mit dem muss ich unbedingt sprechen….

S:                    Das ist schon ok, ich erwarte auch noch einen Anruf einer Mutter einer Konfirmandin – oje, eine eher schwierige Person….

B:                    Ist es wieder diese Meierhofer, die immer Schwierigkeiten macht?

S:                    Ja – logo (seufzt).

B:                    OK – legen wir los…Also die Ziele…. (kramt in den Unterlagen)…ich habe gestern die Unterlagen vom letzten Jahr wieder hervorgeholt und bin mir nicht mehr sicher, welche Ziele wir dazumal definitiv vereinbart haben….wolltest du nicht einen Kurs in Elternarbeit oder so machen?

S:                    Ja schon – aber ich hab mich dann doch nicht angemeldet…..

B:                    Aha – ja dann eben nicht. Du machst deine Arbeit gut, da hat sich nichts geändert. Jedenfalls habe ich nichts Anderes gehört (zögert) – wie hast Du es übrigens mit der neuen Pfarrerin?

S:                    Der Anfang war schon ein bisschen harzig, die wollte gleich alles ändern – aber das haben wir ihr austreiben können – mit eurer gütigen Mithilfe übrigens!

B:                    Ja, die hat den Rat schon ein bisschen gespürt! – Also, machst du den Kurs in Elternarbeit im nächsten Jahr?

S:                    Ok, ich versuche es.

B:                    Gut, dann hätten wir die Ziele für das nächste Jahr besprochen!

S:                    Ich, äh, wollte dich noch fragen, ob für das nächste Jahr etwas mehr Lohn möglich wäre – ich habe, seit ich hier bin, nie eine Erhöhung erhalten und….

Das Handy von Brenzikofer vibriert…. 

B:                    Sorry, ich muss schnell……Herr Müller, ja, ich bin zwar gerade an einer Sitzung, aber…. Ja……das lässt sich machen……zu den vereinbarten Konditionen….Ja, der Termin ist realistisch……..sehr gut, abgemacht. Wir hören noch voneinander, danke und auf Wiederhören (schaltet das Handy ab). – Was wolltest du gerade sagen…

S:                    Ach, nichts…..

B:                    Übrigens noch zum Stichwort neue Pfarrerin – die hat sich über dich beklagt, die Zusammenarbeit mit dir sei schwierig, vielleicht solltest du……….

Das Handy von Sommermatter vibriert…..

S:                    Grüezi Frau Meierhofer…………………………………………………………..

Sommermatter verdreht die Augen und Brenzikofer schaut auf die Uhr.               

S:                    …….Frau Meierhofer, wir werden eine Lösung finden, aber eigentlich bin ich gerade an einer wichtigen Sitzung……………………………………..Frau Meierhofer? Die hat einfach aufgehängt – das geht doch nicht!?!

B:                    (schaut nochmals demonstrativ auf die Uhr) Birgitta, wir sollten zu einem Abschluss kommen…..also ich rekapituliere: Du machst deine Arbeit gut, wie in den Jahren zuvor….da wollen wir jetzt nicht weiter ins Detail gehen…..

S:                    Ja, ich glaube, dass ich jetzt mit der gewonnenen Erfahrung sogar etwas besser geworden bin. Ich habe zum Beispiel………..

B:                    Das kann schon sein, so genau kann ich das nicht beurteilen, war ja schon lange nicht mehr in deinem Unterricht, aber dafür im Gottesdienst “Fyre mit de Chline” – das war wirklich super, wie ihr das gemacht habt!

S:                    Darum glaube ich, dass eine Lohnerhöhung…..

B:                    Birgitta, müssen wir das jetzt besprechen (fröstelt), es ist trotz deiner Kerze immer noch saukalt hier drinnen, eigentlich hättest ja auch du dich um einen anständig geheizten Raum kümmern können – vielleicht hat die neue Pfarrerin doch recht: Mitdenken und proaktiv handeln ist vielleicht nicht deine grosse Stärke – gibt’s dafür nicht auch Seminare, vielleicht solltest du….

S:                    Mir ist auch kalt….

B:                    Ja, dann wollen wir nicht künstlich verlängern. Auf jeden Fall danke ich dir im Namen des gesamten Kirchgemeinderates für deine wertvolle und gute Arbeit – und mach bitte noch die Kerze aus, nicht das unser neu renoviertes Kirchgemeindehaus noch abbrennt (lacht, packt sein Mappe)….Tschau Birgitta, wir sehen uns dann nächste Woche am Basar, schön hilfst du beim Backstand mit! (geht)

Sommermatter bläst die Kerze aus.      

Zufrieden mit den Beiden? Falls nicht hilft folgende Checkliste:

  1. Nach dem Mitarbeitergespräch ist vor dem Mitarbeitergespräch: Was sind die Schwerpunkte im kommenden Jahr? Welche smarten Ziele sollen erreicht werden? Welche Entwicklungsschritte sind geplant? Die Antwort auf alle diese Fragen muss allen Beteiligten vom Beginn der Beurteilungsperiode weg bekannt sein.
  2. Kurzfeedbacks nach den Feedbackregeln zu den vereinbarten Punkten über die ganze Beurteilungsperiode hinweg helfen Kurs zu halten und wo nötig zu korrigieren.
  3. NOTIZEN: Beobachtungen und konkrete Situationen schriftlich festhalten – nur so lässt sich eine Beurteilungsperiode ausgewogen beurteilen. Notizen helfen auch mit, Beurteilungsfehler (z.B. den Nikolaus-Effekt) zu vermeiden.
  4. NOBODY IS PERFECT. Deshalb hilft es der/dem Beurteilenden, sich mit anderen auszutauschen und damit ihre/seine Beurteilungen zu „eichen“. Deshalb ist es auch sinnvoll, sich beidseitig immer wieder zu überlegen, worin man sich entwickeln und damit verbessern kann. Es ist übrigens immer einfacher, Stärken zu verstärken als Schwächen zu beheben.
  5. ENTSPANNTE ATHMOSPHÄRE. Mit genügend geplanter Zeit und ohne Störungen in einem angenehmen Raum (nicht im Chefbüro) kann ein offenes Gespräch mit Tiefgang zum Wohle von Mitarbeitendem, Vorgesetzter/Vorgesetztem und Organisation am besten gedeihen. Etwas, das wir Sommermatter und Brenzikofer gerne gegönnt hätten!