Kinder haben das Recht, Abschied zu nehmen, wenn jemand aus dem nahen Umfeld stirbt. Sie fernzuhalten ist zwar gut gemeint, tut den Kindern aber nicht gut!

Trauer ist eine angeborene und gesunde Reaktion auf einen Verlust. Kinder trauern anders als Erwachsene. Die kindliche Trauer ist vergleichbar mit Pfützen, in die sie hinein- und wieder herausspringen. Dieser gesunde Selbstschutz bewahrt Kinder vor überfordernden Gefühlen und Gedanken.

Trauer von Kindern zeigt sich vor allem im Verhalten und in starken Gefühlen, die schnell wechseln, und weniger in Worten. Jedes Kind trauert anders. Elementar wichtig ist eine einfühlsame Begleitung durch verlässliche Erwachsene. Sie lässt das Kind spüren und wissen: Es ist okay, so wie du jetzt bist. Ich bin für dich da!

Abschied am Sterbebett

Mit einem Kind offen über den (bevorstehenden) Tod eines nahen Angehörigen zu sprechen, ist emotional herausfordernd. Dabei sind Kinder häufig belastbarer, als wir es ihnen zutrauen. Sie haben feine Antennen und spüren, wenn etwas nicht stimmt. Tun wir so, als sei alles okay, verlieren sie das Vertrauen in ihre Wahrnehmung. Altersgerechte Informationen schützen das Kind vor angstmachenden Phantasien und Schuldgefühlen. Wichtig ist, dass das Kind Zeit hat, auf die Nachricht zu reagieren und Fragen zu stellen. Kinder- und Bilderbücher können ein guter Gesprächseinstieg sein.

Der Besuch am Sterbebett ist eine Würdigung der Beziehung. Kind und Sterbender können bewusst voneinander Abschied nehmen. Hierbei helfen Rituale. So können z. B. Kind und sterbende Person gemeinsam ein Kissen mit ihrem Handabdruck bedrucken. Während des Aufdrückens kann die sterbende Person alle ihre Wünsche für das Kind in das Kissen drücken und sie benennen. Nach dem Tod kann das Kind seine Hand auf den Handabdruck der verstorbenen Person legen und sich so verbunden fühlen.

Den Toten nochmals sehen

Der Anblick eines Toten ist traurig und besonders, aber nicht gruselig. Das Bild reiht sich im Laufe der Zeit in die anderen Erinnerungen ein. Der Besuch bestätigt, dass die Person wirklich tot ist. Wird das Kind von dieser bedeutsamen Lebenserfahrung ausgeschlossen, fehlt ein wichtiges Puzzleteil: Die lebendige Mama und jetzt die Urne – das passt so nicht zusammen!

Sollte sich ein Kind weigern, den Toten sehen zu wollen, stecken oft angstmachende Phantasien dahinter. So z. B. die Vorstellung, der Tote liege als Skelett im Bett. Deshalb ist es wichtig, nach den Gründen zu fragen. Bei einer entstellten Person kann ein Besuch am geschlossenen Sarg hilfreich sein.

Zentral sind eine behutsame Vorbereitung und Begleitung während des Besuchs.

Die letzte Reise vorbereiten

Trauer lähmt und macht hilflos. Es tut dem Kind gut, wenn es etwas für den Verstorbenen tun kann. Dabei gibt es einige Möglichkeiten, wie z. B. Lieblingskleider zum Anziehen aussuchen und Sarg und Urne gestalten. Das ist sehr individuell und immer ein Ausdruck von Liebe und Wertschätzung: Was passt zum Verstorbenen? Welche Wünsche hat das Kind? Was ist möglich? Dabei geht es um eine bewusste Auswahl, statt eines blinden Aktionismus!

Vor, während und nach dem gemeinsamen Tun sollte beobachtet und thematisiert werden: Wie geht es dir jetzt? Was willst du wissen? Was beschäftigt dich?

Trauerfeier und Beisetzung

Bei der Abschiedszeremonie erleben sich Kinder als Teil der Trauergemeinschaft. Diese Verbundenheit gibt Kraft und trägt durch schwierige Zeiten. Trauerfeier und Beisetzung sind Zeichen der Verbundenheit und helfen, die Realität und Endgültigkeit des Todes zu begreifen. Dies ist sehr schmerzhaft und dennoch für den Trauerprozess wichtig.

Werden Kinder beim letzten Gang beteiligt, braucht es eine gute Vorbereitung, Begleitung und Nachbereitung.

Abschieds- und Trauerrituale mit Kindern gestalten

Rituale geben in schwierigen Zeiten Trost und Halt. Sie sind ein Geländer, wenn uns die Kraft zum Gehen fehlt (Freya v. Stülpnagel). Rituale vermitteln dem Kind das Gefühl, etwas aktiv tun zu können, was in aller Ohnmacht und Überforderung heilend wirkt. Rituale kanalisieren überwältigende Gefühle und haben eine sinnstiftende Funktion.

Kostbare Erinnerungen

Erinnerungen sind für das Kind eine gute Möglichkeit, sich mit dem Verstorbenen verbunden zu fühlen. Es tut dem Kind gut, wenn es immer wieder über den Verstorbenen reden darf. Auch wenn es weh tut und Tränen kommen: Erinnerungen sind für die Seele heilsam und spenden Trost.

Kinder lieben Erinnerungsstücke. Etwas, was dem Verstorbenen wichtig war und was nun ihnen gehört. Es hilft, wenn sie sich mit allen Sinnen erinnern können und sie auch Erinnerungen «zum Anfassen» haben.

Weiterführende Literatur zum Thema Familientrauer

Schroeter-Rupieper, Mechthild, Geschichten, die das Leben erzählt, weil der Tod sie geschrieben hat, Ostfildern 2017. (Als Familientrauerbegleiterin erzählt Mechthild Schroeter-Rupieper Geschichten aus ihrem Arbeitsalltag).

Schroeter-Rupieper, Mechthild, Für immer anders. Das Hausbuch für Familien in Zeiten der Trauer und des Abschieds, Ostfildern 2012. (Vielfältige Praxisanregungen für Familientrauer).