Die Vielfalt in der Liturgie sichtbar ausdrücken
Eine der ersten Fähigkeiten der Kinder ist, Farben zu erkennen und zu benennen. Die erste «Lehrerin» in diesem Bereich ist die Wirklichkeit, die voll Farben ist. Auch die Liturgie ist bunt und verwendet Farben, aber nicht willkürlich. Eine kleine Reise ist hier präsentiert, um die liturgischen Farben zu entdecken.
Rot, Grün, Weiss, Gold… Jede Kirche zeigt nicht nur einen eigenen architektonischen Stil, sondern auch die eigenen Farben in Fresken, Gemälden, Gegenständen… und Kleidung. In jeder Sakristei gibt es den Schrank mit den liturgischen Gewändern. Diese sind von verschiedenen Formen und Farben, die aber nicht per Zufall ausgewählt wurden. Jede liturgische Farbe hat ihre Bedeutung. Das Dokument „Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch“ enthält die liturgischen Normen und schreibt sechs liturgische Farben vor: Grün, Weiss, Rot, Violett, Schwarz und Rosa. Jede Farbe hat ihre Bedeutung und ihre Verwendung im Gottesdienst.
Grün: Die Farbe für den Alltag in der Kirche
Wie der Zivilkalender den Alltag steuert, so hat auch die Kirche einen eigenen Kalender: das Kirchenjahr. Höhepunkte des Kirchenjahres sind die Feste der Geburt (Weihnachten) und der Auferstehung Jesu (Ostern), die die Zeit davor und danach stark prägen (Advent und Weihnachtszeit sowie Fastenzeit und Osterzeit). Die nicht geprägte Zeit heisst Jahreskreis. In den Gottesdiensten, die in den Jahreskreis fallen, werden die Gewänder in Grün benutzt. „Im Frühjahr weckt die Farbe eine positive Stimmung: Leben, Wachstum, Wärme und von daher Hoffnung und Zuversicht, [die] der Grundton der Liturgie [bleiben]“ (Gunda Brüske).
Weiss: Feierliches „Jenseits“ im „Diesseits“
Die Benutzung dieser Farbe in der Liturgie hat biblische Wurzeln. „In der Johannesoffenbarung tragen die Teilnehmer an der himmlischen Liturgie, die aus der grossen Drangsal kommen, weisse Gewänder und bei der Verklärung Jesu wurden (nach Markus) seine Gewänder so weiss, wie kein irdischer (!) Walker sie machen kann“. Da Weiss „ein ‚Jenseits‘ der Welt anzeigen“ (Martin Brüske) kann, werden viele Hochfeste im Kirchenjahr in dieser Farbe gefeiert. Auch in der Taufe und in der Trauung trägt der Vorsteher weisse Gewänder. Mit dem weissen Kleid wird dem*der Neugetauften angezogen.
Rot: Vom Leid zur Lebenskraft
„Die Liturgie markiert mit der Farbe Rot wichtige Etappen auf dem österlichen Weg, den die Gottesdienstgemeinde mit Christus geht: Am Palmsonntag und am Karfreitag erinnert das Rot an die Passion Jesu, an sein Leiden und Sterben am Kreuz. An Pfingsten bezeichnet die Farbe Rot das Feuer des Heiligen Geistes, das der auferstandene Christus seinen Freunden weitergibt, ein Feuer der Begeisterung und der Lebenskraft.
Das liturgische Rot verbindet also Karfreitags- und Pfingsterfahrungen, Erfahrungen von Lebensverlust und Lebensgewinn. Die Feste jener Heiligen, die ihr Leben für Christus hingegeben haben, stehen ebenso im Zeichen von Rot wie die Feier der Firmung, die junge Menschen auf ihrem Lebensweg bestärkt. Durch solche kontrastierenden Erfahrungen hindurch aber leuchtet das Rot der Liebe“ (Josef-Anton Willa).
Violett: Die Farbe des Überlegens
Violett ist die Farbe für die Busse und die Begräbnisfeier. Deswegen wird sie oft als negativ betrachtet. Sie ist auch die liturgische Farbe der Advent- und Fastenzeit, die als Busszeiten bezeichnet werden. Als die mittelalterlichen Menschen Violett für die Liturgie auswählten, war dieser Farbstoff sehr kostbar. Die mittelalterlichen Menschen wollten mit Violett zeigen, dass Busse und Leiden zum Leben gehören sowie dass auch Jesus das Leiden und den Tod erfuhr.
Rosa: Freude in der Busszeit
In jeder von Violett geprägten Zeit – Advent- und Fastenzeit – gibt es einen Sonntag, an dem Gewänder in einer anderen liturgischen Farbe übergestülpt werden. Diese Sonntage heissen „Gaudete“ (3. Adventsonntag) und „Laetare“ (4. Fastensonntag) und die Farbe ist Rosa. Die „liturgischen Farben haben einen natürlichen Ursprung: Man färbte in der Antike mit dem kostbaren Sekret der Purpurschnecke. Je mehr Purpursekret verwendet wurde, desto dunkler, beinahe schwarz waren die Stoffe. Nahm man weniger Sekret, so erhielt man Violett, Rot oder Rosa. Durch Zugabe von Salzen entstand Grün. Rosa ist ein aufgehelltes Violett – so wie die Freude an diesen beiden Sonntagen die Stimmung der Feiernden erhellen soll“ (Gunda Brüske).
Schluss
Die oben kurz dargestellten Farben decken das ganze Farbrepertoire der liturgischen Gewänder in der römisch-katholischen Kirche ab. Nur eine Farbe bleibt bis jetzt nicht erwähnt: Schwarz. Auch das kann in der Begräbnisliturgie verwendet. Man sieht das sehr selten, normalerweise trägt der Priester in der Begräbnisfeier ein violettes Gewand. Man assoziiert heutzutage Schwarz mit Trauer, Leid und Tod, sodass man auf seine Verwendung verzichtet. Geschichtlich war die Betrachtung des Schwarzes ganz anders: Lange liess sich Schwarz als die eleganteste Farbe verstanden. Eine weitere Farbe ist das Blau, das sehr selten und nur in den Marienfesten verwendet wird.
Die Farbgeschichte beeinflusste die heutige Anwendung der Farben in der Liturgie. Doch kann man in den liturgischen Farben Stimmungen entdecken wie Zuversicht und Hoffnung beim Grün, Freude beim Weiss und Rosa sowie Begeisterung beim Rot.
Der Artikel ist die Bearbeitung der Artikel der Sektion „Farben und Gewand“ der Homepage des Liturgischen Instituts: https://liturgie.ch/hintergrund/liturgische-zeichen/farben-und-gewand
Dieser Beitrag ist Teil der Serie Rund um die Liturgie. Weitere Teile:
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