Tablet-Computer und Religionsunterricht?
Tablet-Computer sind portabel, einfach zu bedienen, vielseitig einsetzbar und aus der Lebenswelt heutiger Jugendlicher und Kinder nicht mehr wegzudenken. Warum nicht Schülerinnen und Schüler darin begleiten, wenn sie mit Tablets auf die Suche nach Spuren Gottes in ihrem Lebensumfeld gehen?
Tablets und die „Spuren Gottes“
In den letzten Jahren konnte der Einsatz von Tablets, in unserem Fall iPads, im Religionsunterricht an unterschiedlichen Partnerschulen der Universität Frankfurt erprobt werden. Die Geräte wurden im Rahmen einer Unterrichtseinheit zum Thema „Spuren Gottes“ in zwei Gymnasialklassen (6. und 9. Jahrgangsstufe) und in einer Grundschulklasse (4. Jahrgangsstufe) eingesetzt.
Die Schülerinnen und Schüler sollten sich auf die Suche nach Spuren Gottes in ihrem Leben begeben und ihre Ergebnisse in einer kurzen Filmsequenz verdichtet wiedergeben. Dabei standen die fachspezifischen Kompetenzen Wahrnehmung und Deutung im Mittelpunkt des Lernprozesses. Zielsetzung war die Förderung der religiösen Sprach- und Ausdrucksfähigkeit.
- Mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets sind aus der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler nicht mehr wegzudenken. Nahezu alle Jugendlichen besitzen eines und auch unter Grundschülerinnen und Grundschülern ist die Zahl zunehmend (JIM-Studie 2016). Wir entschieden uns daher, Geräte zu verwenden, die den Schülerinnen und Schülern nahe sind. Mit Hilfe dieser vertrauten Medien können die Schülerinnen und Schüler sich Inhalten aus dem Bereich Religion, die ihrer Lebenswelt zunächst fern zu sein scheinen, annähern.
- Einfache Handhabung: Der berührungssensitive Bildschirm wird intuitiv bedient und gewünschte Anwendungen können schnell erlernt werden. Zugriff und Datensicherung funktionieren einfacher als bei einem PC, weshalb sich die Schülerinnen und Schüler auf die inhaltliche Gestaltung der Filmsequenzen konzentrieren können. Auch weniger technikbegeisterte Schülerinnen und Schüler haben so Erfolge. Außerdem kann mit dem Tablet der Film auch geschnitten werden, wodurch keine Zeit für das Überspielen bzw. Konvertieren von Filmmaterial eingeplant werden muss.
- Die Motivation der Schülerinnen und Schüler ist sehr hoch, wenn es um den Einsatz von digitalen Medien geht. Kurzfilme und Vidoclips auf Youtube spielen in ihrem Leben eine wichtige Rolle, warum nicht selbst Regie führen und eigene Filme erstellen?
Eine Unterrichtseinheit zum Thema „Spuren Gottes“ ging der filmischen Umsetzung voraus. Nach einer Einführung in die technische Handhabung der iPads und dem Kennenlernen der App „iMovie“ gingen die Schülerinnen und Schüler an das Entwickeln und Schreiben eines Drehbuchs, dann an das Filmen, den Schnitt und die Präsentation des Films mit anschließendem Feedback der Gruppe. Fachdidaktisch stand bei der praktischen Umsetzung die Förderung der religiösen Sprach- bzw. Ausdruckskompetenz im Vordergrund. Der Religionsunterricht bietet Raum, sich mit eigenen Vorstellung auseinander zu setzen und diese zur Sprache zu bringen. Über Gott und den eigenen Glauben zu sprechen wird oft durch tradierte Begrifflichkeiten erschwert, weil der Bezug zur eigenen Lebenswelt fehlt. Der Vorteil des Mediums Film besteht darin, dass neben der Verwendung von Sprache sowohl bewegte Bilder, als auch Wortimpulse und musikalische Untermalungen verwendet werden können. Die Ausdrucksmöglichkeiten werden so erweitert.
Ausdrucksmöglichkeiten vor Technik
Im Klassenraum waren die iPads in ein Wlan-Netzwerk eingebunden und eine Apple-TV-Box in das gleiche Netzwerk eingewählt, die wiederum an einem HD-fähigen Beamer angeschlossen wurde. Das ermöglicht, dass jede Schülerin und jeder Schüler direkt vom iPad aus drahtlos Filme oder auch Arbeitsprozesse über den Beamer für alle sichtbar projizieren kann. Die Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen waren sehr motiviert bei der Sache und stolz auf ihre Ergebnisse. Überrascht hat uns die selbstkritische Reflexion mancher Lernenden. Der Drang, sich selbst zu produzieren, wie in den sozialen Netzen üblich, hat sich z.T. auch hier widergespiegelt. In den meisten Fällen wurde dies bei der Präsentation der Filme aber von den Gruppen selbst erkannt und schon nach einer Zwischenreflexion ein anderer Weg eingeschlagen.
Bemerkenswert war die Unterschiedlichkeit der Produkte. Während manche Gruppen sehr grosse Teile ihres Films erklärten: „Hier seht ihr den Friedhof, Gott hat Tod und Leben erschaffen…“, haben andere Gruppen völlig auf Sprache verzichtet, aber eine zum jeweiligen Thema passende Musik als Untermalung herausgesucht. Das Finden von individuellen Lösungswegen und die Reflexion der erstellten Filme im Vergleich mit den geschriebenen Drehbüchern war eine große Stärke des Ansatzes. Nicht zuletzt haben der ständige Wechsel zwischen Film- und Schneidearbeit und die Zwischen- sowie Schlussreflexion gezeigt, dass die filmerische Arbeit mit iPads die Inhalte und geförderten Kompetenzen in den Fokus rücken konnte und nicht das Medium mit seinen technischen Möglichkeiten den Lernprozess dominiert hat. Die Ausdrucksmöglichkeiten, die den Schülerinnen und Schülern das Filmen bietet, haben uns überzeugt und die einfache Handhabung sowohl die Schülerinnen und Schüler motiviert, als auch die Nerven der Lehrkräfte geschont.
Dieser Beitrag ist Teil der Serie Digitales Lernen. Weitere Teile:
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