Zwei Stunden pilgern mit kleinen Kindern

Die Kinderwallfahrt in Rapperswil richtet sich an Familien mit Kindern von null bis neun Jahren.

Auch Babys im Kinderwagen sind herzlich willkommen. Wenn ein Kind unruhig wird und schreit, ist das in Ordnung. Das entlastet Eltern. Damit sich auch Eltern mit Kindergarten- und Primarschulkindern angesprochen fühlen, hat das Vorbereitungsteam den Titel «Kinderwagenwallfahrt» in «Kinderwallfahrt» umbenannt.

In der Regel führt die Seelsorgeeinheit die Wallfahrt im Mai oder Juni durch. Dann ist das Wetter einigermassen verlässlich, was für Ausflüge mit kleinen Kindern ein grosser Vorteil ist. Frau Rüthemann hat für das Pilgern schon verschiedene Uhrzeiten am Vor- und Nachmittag ausprobiert. Gleich ist immer, dass der Anlass zwei Stunden dauert. «Das bewährt sich für Familien mit kleinen Kindern, die oft nicht länger durchhalten.» Auch wurden schon verschiedene Wochentage getestet. «Sonntag von 14 bis 16 Uhr wird besonders gut angenommen» erläutert die Seelsorgerin. Die Besucherzahlen variieren und hängen stark vom Wetter ab. Im Durchschnitt kommen 50 Personen. Auch Auswärtige sind dabei.

Bei der Streckenplanung kleine Kinder berücksichtigen

Lange Anfahrten, die mit kleinen Kindern sehr mühsam sind, gibt es beim Familienpilgern keine. Bewusst wählt das Team schöne Wege vor Ort aus. Ein wichtiges Kriterium ist die Streckenlänge. Frau Rüthemann weiss aus Erfahrung: «Bis alle parat sind und die Gruppe loslaufen kann, braucht das mit kleinen Kindern sehr viel Zeit. Das darf man nicht unterschätzen. Deshalb ist es sinnvoll, wenn die Gehdistanz höchstens 2 km beträgt.»

Beim Rekognoszieren gibt es noch mehr zu beachten. So ist die Beschaffenheit des Weges und dessen Kinderwagentauglichkeit wichtig. Da die Wallfahrt auch bei Regenwetter stattfindet, sucht das Team im Vorfeld Unterschlupfmöglichkeiten für den Notfall. Auch gilt es zu bedenken, wo genau «Haltestellen» für Stationen eingebaut werden. Dies sollen ruhige Orte mit wenig Gefahrenpotential sein und doch landschaftlich schön.

Freiwillig Engagierte sind für eine punktuelle Mitarbeit bereit

Der Anlass ist für Frau Rüthemann keine One-Woman-Show: «Bei den aktuellen Tauffamilien suche ich Freiwillige, die bei der Kinderwallfahrt mitmachen. Durch die Taufe gibt es bereits einen positiven Kontakt. Ich spreche diese Mütter und Väter gezielt an. Dieses Jahr habe ich vier Personen angefragt und alle haben zugesagt.» Die Seelsorgerin stellt fest, dass viele Menschen zu einer punktuellen Mitarbeit bereit sind. Bei der Kinderwallfahrt gibt es ein gemeinsames Treffen zur Grobplanung. Danach werden die Details allenfalls in Unteruntergruppen vorbereitet. Das ist absehbar und der zeitliche Aufwand hält sich in Grenzen. Dabei ist Frau Rüthemann ganz klar: «Wenn niemand in der Vorbereitungsgruppe mitmachen will, findet dieser Anlass nicht statt. Dann entspricht die Idee nicht dem Bedürfnis dieser Menschen.»

Rolle der Hauptamtlichen verändert sich

Als Mitarbeiterin der Seelsorgeeinheit sieht Esther Rüthemann ihre Rolle vor allem darin, den freiwillig Engagierten zur Seite zu stehen und das Gesamtprojekt im Auge zu behalten. Sie gibt offen zu, dass der zeitliche Aufwand mit den Freiwilligen grösser ist, als wenn sie es alleine durchführen würde. Trotzdem lohnt es sich, weil es so viel nachhaltiger wird. Frau Rüthemann führt aus: «Getaufte engagieren sich und sehen sich als Teil der Gemeinde. Als Mitwirkende übernehmen sie Verantwortung. Konsumenten hingegen stellen Forderungen.» Zudem fügt sie hinzu: «Die mitwirkenden Eltern wissen ganz genau, was Kindern in diesem Alter gefällt. Das erleichtert die Planung. Auch haben diese Familien wieder ihr eigenes Netzwerk, welches sie ansprechen und aktiv einladen.»

Aufbrechen, unterwegs sein und ankommen

Der Kinderwallfahrt liegt das Grundschema jeder Pilgerreise zugrunde: aufbrechen, unterwegs sein und ankommen. Zu Beginn kommen alle zum vereinbarten Treffpunkt. Dort macht sich die Pilgergruppe sichtbar. «Für die Kinder und Kinderwägen gibt es zur Begrüssung mit Helium gefüllte Luftballons. Alternativ haben wir auch schon bunte Windrädli abgegeben. So ist die Gruppe für alle gut erkennbar und es entsteht ein farbenfrohes Bild.» Die Seelsorgerin berichtet: «Vom Startpunkt aus gehen wir gemeinsam ein Stück Weg. Die Strecke variiert jedes Jahr. So bleibt es interessant. Unterwegs gibt es drei bis vier Stationen als kurze Pausen.» Bei den Familien kommt es sehr gut an, dass bei der Wallfahrt Laufräder und andere Kinderfahrzeuge erlaubt sind. «Wir sind auf zwei Beinen und vier Rädern unterwegs.»

Biblische Geschichte als roter Faden für die Stationen

Bei jeder Kinderwallfahrt gibt es eine biblische Geschichte. Diese wird bei den verschiedenen Stationen in Etappen erzählt. Dabei baut das Team interaktive Elemente ein und ist sehr kreativ. Die Kinder und Familien sollen ein Teil der Geschichte sein. Frau Rüthemann konkretisiert dies mit Beispielen: «Beim Gleichnis vom barmherzigen Vater dürfen die Eltern ihre Kinder in den Arm nehmen – so wie es auch im Text geschildert wird. Zur Erzählung von der Arche Noah bringen die Kinder ihre eigenen Plüschtiere zum Pilgern mit. Das macht vor allem den Kleinen grosse Freude. Beim Propheten Jona ist die Gruppe am Zürichsee unterwegs. Passend dazu gibt es ein Anspiel mit verkleidetem Jona. Dieser steigt in ein Boot und begleitet die Gruppe vom Wasser aus. Als Überraschungseffekt taucht unterwegs sogar ein grosses Wasserspielzeug in Form eines Wales auf. Das fasziniert Gross und Klein! Zur biblischen Schöpfungserzählung gibt es bei jeder Station etwas zum Sammeln und Aufkleben, so dass am Schluss ein ganzes Schöpfungsbild entsteht.» Die Stationen sind abwechslungsreich und kindgerecht gestaltet. Als Bhaltis erhält jedes Kind die Geschichte als kleines Bibelbilderbuch. So kann das Gehörte zuhause vertieft werden.

Zum Pilgern gehört das Singen

Das gemeinsame Singen ist beim Familienpilgern ein wichtiges Element. Nicht von ungefähr gibt es jede Menge Wander- und Rhythmuslieder, welche Generationen von Kindern beim Familienausflug bei guter Laune halten. In Rapperswil-Jona kommen bei der Wallfahrt Klassiker wie «Oh du goldigs Sünneli» zum Einsatz. Das Team hat aber auch schon bekannte Kinderlieder zur Bibelgeschichte umgedichtet. Da können dann alle leicht mitsingen.

Abschluss in Kirche mit kleiner Feier und Teilete

Eine Pilgerreise hat einen heiligen Ort zum Ziel. Kinderwallfahrt in Rapperswil-Jona heisst: «Der Weg ist wichtig und nicht nur das Ziel.» Dennoch endet die Wallfahrt bewusst bei einer Kirche als einem besonderen Kraftort. Die Seelsorgerin führt aus: «In der Kirche gibt es eine kurze Feier mit Lied und Orgelbegleitung. Auch wird die Bibelgeschichte nochmals am Stück vorgelesen. Alles in allem geht das höchstens zehn Minuten, weil dann die Konzentration der Kinder nachlässt.» Danach wird vor der Kirche das mitgebrachte Zvieri geteilt und alle essen gemeinsam. Frau Rüthemann weiss: «Wenn jede Familie etwas Essen mitbringt, ist zumindest ein Lebensmittel dabei, was das eigene Kind gerne mag.» Die Seelsorgerin beobachtet, dass sich die Gruppe nach dem Zvieri relativ bald auflöst. «Dies liegt vor allem daran, dass die kleinen Kinder müde werden und die Familien dann bald aufbrechen.»

Das Pilgern ist spannend für die Kinder und entspannt die Erwachsenen

Bei der Kinderwallfahrt wird Glaube mit allen Sinnen und in Gemeinschaft erlebbar. Das Unterwegssein ist ein religiöses Grundmotiv und Sinnbild unseres Lebens. Für die Kinder gibt es auf dem Weg vieles zu entdecken und genügend Abwechslung. Der Bewegungsdrang der kleinen Kinder wird gestillt. Für die Erwachsenen bedeutet das Pilgern Rauskommen und Abschalten können. Kinderwallfahrt ist kostbare Familienzeit. Beim gemeinsamen Gehen ergeben sich niederschwellige Begegnungsmöglichkeiten mit anderen Familien. Es wird gelacht und die Atmosphäre ist locker. Man kann mit Gleichgesinnten über Gott und die Welt ins Gespräch kommen. Frau Rüthemann betont: «Vor allem wird sehr geschätzt, dass man sich zur Wallfahrt nicht anmelden muss. Diese Flexibilität entspricht den Bedürfnissen dieser Zielgruppe.»

Professionelle Werbung macht sich bezahlt

Die Kinderwallfahrt wird über die Webseite und den Newsletter der Seelsorgeeinheit beworben. Es werden auch Flyer und Werbeplakate gedruckt, welche aufgelegt und verteilt werden. Das Layout lässt die Seelsorgeeinheit von einem Grafiker mit theologischem Hintergrund gestalten. Frau Rüthemann ist überzeugt, dass sich die Zusammenarbeit mit einem Werbeprofi lohnt. «Die Flyer und Plakate sind ansprechend gestaltet und haben einen Wiedererkennungswert.» Und weiter fügt sie hinzu: «Wenn ich da meine Arbeitszeit rechnen würde, käme es am Schluss nicht günstiger und wäre sicher nicht so professionell.»

Vorbereitung auf einen Blick

  • Team suchen
  • Grobplanung: Bibelstelle und Stationen
  • Wegstrecke auswählen, ablaufen und geeignete Plätze für die Stationen finden und Unterschlupfmöglichkeiten (vielleicht gibt es auch einen Rundweg)
  • Werbung organisieren
  • Detaillierten Ablaufplan erstellen (Text, Material, Dauer und Zuständigkeit)
  • Checkliste erstellen und Materialien besorgen

 

Danke an Esther Rüthemann für das offene Teilen ihrer Erfahrungen.